Vor 140 Jahren, also 1883, hat die in Bockenem erbaute Turmuhr, welche seit jeher in der Sankt Cäcilien-Kirche zu Sehlem tickt, das Licht der Welt erblickt. Das muss gefeiert werden, dachte sich auch der Sehlemer Kirchenvorstand. Mit einer 32-minütigen Andacht und gesanglicher Unterstützung des örtlichen Männergesangvereins und des Frauenchors, unter der Leitung von Isolde Winter, wurde die Turmuhr gebürtig gefeiert. Anschließend klang der Abend bei Gyrospfanne, kalten Getränken und netten Gesprächen aus.
„Wow, so viel Zeit“, stellt Diakonin Christel Dirksen fest. Ganze 1680 Monate schlage diese Kirchturmuhr jetzt schon.
„Vergleichbare Turmuhren wurden schon längst stillgelegt“, erklärt Björn Sandvoß aus dem Kirchenvorstand stolz.
Um bei den Geburtstagsgästen keine Verunsicherung zu schüren, wessen Geburtstag hier eigentlich gefeiert wird, bekam jeder eintretende Gast, eine Armbanduhr zum abknabbern, die wohl viele noch aus ihrer Kindheit kennen dürften. Vollbesetzte Kirchenbänke lauschten den teils deutsch, teils englischen Gospels beider Gesangsgruppen.
Uhr als wichtige Orientierungshilfe
Eine Reise in die Vergangenheit zeigt, dass zur Geburtsstunde dieser Kirchturmuhr Otto Bismarck Reichskanzler war und die für uns heute so selbstverständliche Krankenversicherung zur Pflichtversicherung wurde.
„Damals war die Uhr vor allem ein Zeichen der Orientierung“, erklärt Dirksen. Besonders für die Bauern auf den Feldern sei das Schlagen der Uhr ein Zeichen für Arbeitsbeginn, Pause und Feierabend gewesen. Denn Uhren waren auf dem Feld meist unpraktisch, sodass die bis auf die Felder klingende Uhr, einen wichtigen Orientierungspunkt beim Tagesablauf bildete.
Viele haben seit jeher an der Uhr gedreht
Doch damals wie heute fällt es vor allem auf, wenn die Uhr mal nicht zu jeder Viertel- und vollen Stunde schlägt. Aber bei einer solch arbeitsintensiven und nicht vollständig elektronisch laufenden Uhr, könne das schonmal vorkommen, erklärt der Kirchenvorstand.
„Die Kirchturmuhr ist mit viel Arbeit verbunden, missen, wollen wir unser historisches Stück aber trotzdem nicht“, so Sandvoß. Mindestens zweimal die Woche müsse diese Uhr per Hand aufgezogen werden, erklärt er weiter.
Dabei wundert es kaum, dass auf die Frage: Wer hat an der Uhr gedreht?, der ein oder andere Name fällt.
Zeit ist kostbar
Mit der Frage: Was würden Sie mit so viel geschenkter Zeit tun?, regt Dirksen noch einmal zum Nachdenken an und führt vor Augen, wie sehr wir manchmal durch das Leben hasten, ohne uns die nötige Zeit für uns und unser Wohlergehen zu nehmen.
Aber genau für diese so wichtige Pause, das Ausspannen und gemeinsame Entspannen sorgt der Kirchenvorstand im Anschluss an den Geburtstagsgottesdienst.
Der Frauenchor sang gemeinsam mit dem Männergesangverein das Abschlusslied und der Kirchenvorstand führte die Gemeinde in den Garten hinter der Kirche, wo Gyrospfanne und kalte Getränke auf die Geburtstagsgesellschaft warteten.
Feste Preise gab es für die Verpflegung nicht. "Mit Spenden wollen wir auch in Zukunft für den Erhalt unserer Uhr sorgen", erklärt Sandvoß bevor es zum gemütlichen Teil des Abends übergeht.